Test der Reolink Argus 4 Pro: Trotz Solar nur "so lala"
Mit einem 180° breiten Sichtfeld, einem leistungsstarken Solar-Paneel an der Seite und einer Nachtsicht mit Farbdarstellung ist die Argus 4 Pro von Reolink eine Überwachungskamera mit einigen Besonderheiten. Mit einem Preis von 250 € ist sie aber recht kostspielig. Lohnt sich der Kauf trotzdem? Schauen wir uns an im nextpit-Test!
Pro
- Großes Sichtfeld mit 180°-Abdeckung
- Solar-Paneel kann Akkulaufzeit effektiv verlängern
- Kompatibel zu Alexa und Google Home
Contra
- microSD-Karte in der Kamera nicht gesichert
- Anbindung an Netzwerkspeicher nur über Zusatzgeräte
- Wenig Smart-Home-Funktionalität
- Vergleichsweise geringe Akkulaufzeit
Kurzfazit & Kaufen
Die Argus 4 Pro bietet an und für sich eine tolle Hardware mit Top-Bildqualität. Leider lässt sie sich nur sehr begrenzt in Euer Smart-Home integrieren. Das optionale "Solar Panel 2" ist eine sinnvolle Ergänzung. Aber vor allem deshalb, da die Akkulaufzeit eher unterdurchschnittlich ist. Insgesamt 3,5 von 5 Punkten!
Design & Einrichtung
Aufstellen, QR-Code scannen, einrichten – die Einrichtung der Reolink Argus 4 Pro könnte kaum einfacher sein. Das Design ist dabei eine Mischung aus cool und dezent. Fürs Anbringen der Kamera und des Solar-Paneels gibt Reolink zudem einige praktische Zubehörteile dazu. Einen Schutz gegen Wasser und Staub gibt's ebenfalls. Einen Diebstahlschutz für die benötigten microSD-Karten leider nicht.
Gefällt:
- Hübsches Design, sowohl bei Kamera als auch beim Solar-Paneel
- Zwei Kameras, Bewegungssensoren und Lampen im kompakten Gehäuse
- Viel Zubehör für die Anbringung – auch ohne Bohren!
Gefällt nicht:
- microSD-Karten nur durch eine Gummikappe versteckt
- Nur in weißer Farbvariante verfügbar
Habt Ihr schon einmal ein Smart-Home-Gerät eingerichtet, müsstet Ihr mit dem Setup der Argus 4 Pro klarkommen. Ich empfehle Euch allerdings, die Einrichtung vor Anbringen der Kamera und des Solar-Paneels durchzuführen, da Ihr einen QR-Code scanne müsst, der hinten auf der Kamera zu finden ist. Nach dem Download der Reolink-App könnt Ihr die Einrichtung starten – und braucht dafür nicht einmal zwingend einen Account anlegen!
Für die feste Installation der Überwachungskamera legt Reolink zwei verschiedene Wandhalterungen in den Karton. Eine davon erlaubt dank Kugelkopf eine genauere Einrichtung, die andere ermöglicht einen etwas längeren Abstand der Kamera zur Wand. Clever finde ich zudem, dass Reolink für jede Halterung neben Schrauben auch Zugbänder anbietet, mit denen sich die Kamera auch ohne Bohren an Pfosten oder an Holzbalken befestigen lässt.
Aufgrund des hohen Sichtfelds – dazu später noch mehr – eignet sich die Kamera vor allem für den Außeneinsatz. Hierfür ist sowohl die Kamera als auch das Solar-Paneel gegen Spritzwasser geschützt. Die IP66-Zertifizierung steht dabei für starkes Spritzwasser. Eine Nutzung selbst in starkem Regen sollte die Kamera aushalten. Ebenfalls schön: Dank Gummidichtungen entsteht auch bei Einstecken des USB-C-Kabels des Solarpaneels keine Schwachstelle, in die Wasser eindringen könnte.
Dasselbe gilt für den Steckplatz für microSD-Karten mit bis zu 128 GB Speicherplatz, der sich an der Unterseite der Kamera befindet. Zusammen mit einem Power-Button sitzt dieser unter einer Gummiklappe. Diese könnt Ihr leider nicht festschrauben oder anderweitig schützen. Theoretische wäre es so also möglich, dass ein Einbrecher die Speicherkarten entnimmt – nutzt Ihr die Reolink-Cloud nicht, sind die womöglich sicherheitsrelevanten Aufnahmen dann weg.
App & smarte Funktionen
Zur Einrichtung der Argus 4 Pro benötigt Ihr die Reolink-App, die kostenfrei unter Android und iOS zur Verfügung steht. Als smarte Überwachungskamera könnt Ihr über Google Home ansteuern. Eine Matter-Unterstützung sowie eine native Kompatibilität zu Apple HomeKit und Amazons Alexa fehlen allerdings. Generell hält sich Reolink mit den Smart-Home-Funktionen zurück.
Gefällt:
- Übersichtliche und leicht verständliche App
- Auch ohne Account und Cloud-Anbindung nutzbar
Gefällt nicht:
- Reolink-Cloud kostenpflichtig – und exklusiv
- Keine Speicherfunktion für Netzwerkspeicher
- Nativ nur mit Google Home kompatibel
Begrüßenswert finde ich bei Reolink, dass Ihr auf viele Kamerafunktionen ganz ohne Account zugreifen könnt. Dafür richtet Ihr die Kamera über die App ein und nutzt anschließend die Reolink-App, um das Kamerabild zu sehen. Auch Benachrichtigungen beim Erkennen von Personen oder Bewegungen könnt Ihr so nutzen. Da die Kamera Videoclips bei Ereignissen auf eine microSD-Karte speichert, lässt sich so im Grunde genommen schon eine Sicherheitsfunktion ganz ohne Account oder Cloud realisieren.
Dabei könnt Ihr auf die Kamera auch via Fernzugriff außerhalb Eures WLAN-Netzwerkes zugreifen. Laut Herstellerinformationen nutzt Reolink dabei beim Zugriff über die Reolink-App eine AES-Verschlüsselung und folgt dabei den TLS-Standards. Alternativ könnt Ihr auch über eine Desktop-Anwendung auf die Reolink-Kamera zugreifen und dafür entweder eine spezielle ID oder die IP-Adresse der Kamera nutzen. Jeweils fragt Reolink dabei nach dem Passwort der Kamera. Über Fremdzugriffe braucht Ihr Euch daher nur sorgen machen, wenn Ihr die Kamera über eine statische IP-Adresse über Euren Router freigebt.
Zurück in der Reolink-App habt Ihr noch zwei Funktionen, die in diese Kategorie gehören. Die erste ist der Zugriff auf Reolinks Cloud-Speicher, über den Ihr Aufnahmen auf den AWS-Servern (Amazon Web Services) des Herstellers speichern könnt. Falls ein Gauner Eure Kamera oder die microSD-Karte klaut, bleiben die Daten also vorhanden. Eine kostenlose Nutzung ist dabei nicht möglich – genauso wenig wie das Umwechseln auf anderen Cloud-Anbieter, für den Ihr bereits Geld zahlt. Wollt Ihr die Daten stattdessen lokal auf einem NAS speichern, ist das nur über den Zukauf des "Reolink Home Hub" möglich. Für diesen müsst Ihr noch einmal knapp 100 Euro zusätzlich einplanen.
Ähnlich ernüchternd wie die Möglichkeiten der Netzwerkspeicherung sind bei Reolink die Möglichkeiten in der Smart-Home-Anbindung. Nativ steht Euch nur die Verbindung zu Google Home zur Verfügung. Und dabei könnt Ihr Euch lediglich das Kamerabild auf verbundenen Smart-Displays per Sprachbefehl anzeigen lassen. Für Amazon Alexa gibt's einen Reolink-Skill, über den Ihr auch auf die Kamera zugreifen könnt. Wirklich "sexy" ist diese Integration aber nicht. In der Smart-Home-Kategorie kann die Argus 4 Pro also wirklich kaum punkten.
Bildqualität & Audio
Aus zwei Kameras generiert die Argus 4 Pro ein 4K-Bild, das mit 15 Bildern pro Sekunde gestreamt und gespeichert wird. Zwei-Wege-Audio sorgt für Kommunikationsmöglichkeiten zu Dieben und Postboten und ein besonderer Nachtmodus soll auch nachts Farben bringen. In puncto Bildqualität will Reolink zu den besten auf dem Markt gehören – aber ist das überhaupt sinnvoll?
Gefällt:
- Großes Sichtfeld mit gestochen scharfem 4K-Bild
- Guter Klang sowohl beim Zuhören als auch im Gespräch
- Viele Möglichkeiten zur Bildanpassung und "Zensur" bestimmter Bereiche
Gefällt nicht:
- Großes Sichtfeld lässt sich schwer auf Displays darstellen
- Recht großer "Toter Winkel" unterhalb der Kamera
Während die Argus 4 Pro bei den Smart-Home-Funktionen weniger punkten kann, hebt sie sich in puncto Bildqualität ab. Denn eine 4K-Auflösung bei einem Sichtfeld von 180° zu liefern, kann in bestimmten Einsatzzwecken durchaus Vorteile bieten. Etwa dann, wenn man für Garten nur eine einzige Kamera installieren möchte und dank der höheren Auflösung Nummernschilder oder Gesichter klar erkennen möchte.
Reolink setzt aber statt einer Fischaugen-Optik, die ein derartiges Sichtfeld ebenfalls bringen würde, auf zwei Kameras und rechnet deren Bildausschnitte noch in der Kamera zusammen. Dadurch entsteht ein Seitenverhältnis von 32:9, das stark an ein Panoramabild erinnert. Im Einsatz hat das den Vorteil, dass man weniger vom Boden und vom Himmel sieht. Allerdings entsteht dadurch ein recht toter Winkel unter der Kamera. Erinnern wir uns daran zurück, dass man die microSD-Karte der Kamera ohne Werkzeug entnehmen kann, ist das eher ungünstig.
Die Bildqualität im Allgemeinen ist aber wirklich gut. In der App kann man frei in das gestreamte Bild reinzoomen und so Personen oder Kennzeichen erkennen. Reolink bewirbt mit der Argus 4 Pro zudem die ColorX-Technologie, die selbst in der Dunkelheit ein farbiges Bild liefern soll – und das sogar ohne Aktivierung der integrierten LED-Scheinwerfer. Möglich sein soll das aufgrund der lichtstarken Objektive mit einer Offenblende von f/1 und durch den großen Sensor. In der Praxis schaltet die Kamera in der Dunkelheit aber doch regelmäßig die integrierten Lampen an. In Gärten, in denen abends Lampen leuchten, kann das aber durchaus Vorteile bringen.
Die Steuerung der integrierten LEDs und den Startschuss für Aufzeichnungen übernimmt bei der Argus 3 Pro ein Bewegungsmelder mit PIR-Technologie. Erkennt dieser eine Bewegung, bekommt Ihr auf Wunsch eine Benachrichtigung aufs Handy. Kurze Zeit später meldet die Kamera dann noch, ob es sich um eine Person, ein Fahrzeug oder ein Tier handelt. Alle Bewegungen werden aufgezeichnet und auf der microSD oder wahlweise in der Cloud gespeichert. Um die eigene Privatsphäre, oder die der Nachbarhäuser, zu schützen, lassen sich bestimmte Zonen im Bild zensieren.
Standardmäßig enthalten diese Aufnahmen auch eine Tonspur, die angenehm klar und verständlich ist. Aufgezeichnete Gespräche blieben bei den Testaufnahmen verständlich und auch das 2-Wege-Audio überzeugte im Test.
Zu guter Letzt hebt sich die Kamera noch durch viele Einstellungsmöglichkeiten ab. So könnt Ihr die Empfindlichkeit des Bewegungsmelders steuern, das Kamerabild in Glanzlichtern und Schatten anpassen, das Zusammenrechnen der beiden Kamerabilder anpassen und einiges mehr. Sehr gut!
Akku und Aufladen
Im Optimalfall müsst Ihr den 5.000 mAh großen Akku in der Argus 4 Pro niemals aufladen. Denn im 20 Euro teureren Bundle gibt es ein Solarmodul, das die Kamera ganz ohne Steckdose wieder aufladen kann. Da Reolink dank der ColorX-Technologie auf Infrarotlampen für die Nachtsicht verzichten kann, soll die Kamera eine längere Akkulaufzeit bieten.
Gefällt:
- Solarmodul machte im Testzeitraum einen sehr guten Job
Gefällt nicht:
- Akkulaufzeit scheint eher unterdurchschnittlich zu sein
- Dauerhafte Stromversorgung schwierig
- Muss zum Aufladen demontiert werden
Für unseren Test schickte uns Reolink die Argus 4 Pro zusammen mit dem "Solarpanel 2", das laut Datenblatt eine Maximalleistung von 6 W bietet. Da es in meiner Berliner Wohnung ein wenig schwer ist, die Kamera draußen zu testen, habe ich die Kamera im Inneneinsatz getestet und das Solar-Paneel auf einem Kamerastativ vor das Fenster gestellt. Dieses habe ich immer mal wieder aufgemacht, um direktes Sonnenlicht auf das Paneel scheinen zu lassen. Und konnte trotz der weniger optimalen Aufstellung des Paneels am Ende des Testzeitraums einen Anstieg in der Akkukapazität der Kamera feststellen. Heißt: unter guten Bedingungen sollte die Kamera ohne zusätzliches Aufladen funktionieren.
Unter schlechten Bedingungen, etwa im Winter, ist der Akku mit seiner Kapazität von 5.000 mAh aber recht klein. Die EufyCam 3 (zum Test) beispielsweise bietet einen 13.000-mAh-Akku. Alle paar Wochen müsst Ihr die Argus 4 Pro also aufladen, während andere Modelle ein Jahr lang unabhängig arbeiten. Dass man sie dafür jedes Mal abmontieren und wieder auf die Halterung schrauben muss, ist ein wenig umständlich. Das löst Google mit seinen magnetischen Nest-Kameras ebenfalls eleganter.
Daher ist es umso ärgerlicher, dass Reolink es versäumt hat, auch eine dauerhafte Stromverbindung zu ermöglichen. Denn hierfür bräuchte es ein Netzteil, das über kompatible Dichtungen verfügt, sodass die IP-Zertifizierung der Kamera noch immer gewährleistet wird. Das Solar Panel 2 hat ein solches Kabel zwar, dieses ist aber fest installiert und lässt sich daher nicht zweckentfremden. Als Zubehör bietet Reolink nur eine USB-C-Verlängerung für seine Solarpaneele an. Somit gibt es keine wirklich praktikable Lösung, um die Argus 4 Pro dauerhaft mit Strom zu versorgen.
Abschließendes Fazit
Konzentrieren wir uns bei der Argus 3 Pro auf die Hardware, handelt es sich um eine äußerst attraktive, smarte Sicherheitskamera. Mit einer UVP von fast 230 Euro ist sie dabei zwar nicht gerade günstig, sie bietet mit dem großen Sichtfeld und dem Verzicht auf Infrarotlampen aber eine hervorragende Bildqualität und lässt sich besonders leicht einrichten. Dass man dafür nicht einmal einen Account benötigt, ist ein weiterer Pluspunkt für Reolink.
Wer nach einer cleveren Kamera für das Smart-Home sucht, der muss bei Reolink aber mit vielen Abstrichen leben. Nativ integrieren lässt sich die Argus 4 Pro nur mit Google Home und kann dort eingerichtet nur das Kamerabild an smarte Display schicken. Für die Smart-Home-Automation, um etwa den leistungsstarken Bewegungssensor für die Aktivierung von Lampen zu nutzen, eignet sich die Argus 4 Pro nicht.
Alternative gesucht? Das sind die besten smarten Überwachungskameras
Auch sonst ist die Überwachungskamera eher funktionsarm. Videos speichert sie ohne zusätzliche Home-Basis entweder auf microSD-Karten oder auf die kostenpflichtige Reolink-Cloud, zum Aufladen muss sie umständlich vom Stativ geschraubt werden und eine dauerhafte Stromversorgung ist nicht möglich. Die Zusatzfunktion zur Aufnahme von Zeitraffer-Aufnahmen ist dabei ein kleines Trostpflaster – zum Bundle mit Solarpaneel zu greifen hingegen schon fast Pflicht. Und so reiht sich die Argus 4 Pro eher in das Mittelfeld der Premium-Überwachungskameras ein.