Creative SXFI im Test: Lautsprecher hassen diesen Trick
Wieso klingen Kopfhörer eigentlich nach Kopfhörern – und nicht so "offen" wie Lautsprecher? Und wieso scannt Ihr mit der SXFI-App Euren Kopf ein, um genau das zu ändern? NextPit hat SXFI getestet und verrät Euch, wie ein mathematischer Trick Kopfhörer klanglich in Lautsprecher verwandelt.
Wenn Ihr einen Rundumschlag sehen wollt zur Creatives SXFI-Produkten und der Funktionsweise von SXFI selbst, dann legen wir Euch unser Video zu dem Thema ans Herz. In diesem Artikel zu Creative SXFI findet Ihr insbesondere die technischen Aspekte noch detaillierter erklärt.
Psychoakustik: Wie funktioniert räumliche Wahrnehmung?
Bevor wir uns auf das Thema SXFI stürzen, müssen wir uns zunächst ansehen, wie das Gehör überhaupt funktioniert – insbesondere in Verbindung mit Kopfhörern. Ein Kopfhörer besteht aus – vereinfacht gesagt – zwei Lautsprechern: einer fürs linke und einer fürs rechte Ohr. Und Ohren sind zwei Mikrofone, die den Ton einfangen und in unser Gehirn transportieren. Oder etwa nicht?
Die Praxis sieht deutlich komplexer aus. Denn mit zwei simplen Mikrofonen im Raum wäre ein räumliches Hören etwa durch einen Vergleich der Laufzeiten nur eingeschränkt möglich. Stellt Euch vor, Eure Ohren empfangen so ein Audiosignal exakt gleichzeitig. Es wäre nicht möglich, zu unterscheiden, ob sich die Klangquelle genau vor, hinter oder über Euch befindet. Die Menge aller möglichen Positionen wäre eine vertikale Ebene, die genau mittig durch Euren Kopf verläuft.
Selbst bei einem bestimmten Laufzeitunterschied und einem Pegelunterschied durch die Isolationswirkung des Kopfes zwischen den beiden Audiosignalen wäre die Menge aller möglichen Positionen der Tonquelle ein Hohlkegel – je größer der Unterschied, desto spitzer. Aber wir wissen alle: Wir können nicht nur die Richtung, sondern teilweise sogar die Entfernung einer Tonquelle hören. Warum ist das so?
Euer Gehirn weiß ganz genau, wie Euer Kopf und Euer Ohr aussehen – nicht auf optischer, sondern auf akustischer Ebene. Denn alle eintreffenden Schallwellen werden auf dem Weg in den Gehörgang am Schädel und besonders am Ohr gebrochen, bilden Resonanzen werden reflektiert. Aus der Art und Weise dieser Wechselwirkungen kann Euer Gehirn nun präzise auf die Richtung schließen.
Was ist eine Head-Related Transfer Function?
All diese beschriebenen Effekte, die zwischen Tonquelle und Gehörgang stattfinden, lassen sich mathematisch abbilden – mit der sogenannten Head-Related Transfer Function, kurz: HRTF. Nahezu jedes Mal, wenn Ihr einen Kopfhörer aufsetzt, überbrückt diese "kopfbezogene Übertragungsfunktion" die fehlenden akustischen Effekte, damit der Sound möglichst echt klingt. Warum klingen Kopfhörer also trotzdem noch nach Kopfhörern?
Weder Euer Kopfhörer noch Euer Wiedergabegerät wissen, wie Euer Kopf inklusive Ohren aussieht. Daher setzen sie auf eine Standard-HRTF für den Durchschnittskopf mit Durchschnittsohren. Je außergewöhnlicher Eure Anatomie ist, desto schlechter passt diese Standard-HRTF auf Euch – und desto schlechter ist der Klang. Manche Kopfhörer-Hersteller bieten in ihren Apps immerhin die Möglichkeit, das eigene Geschlecht anzugeben, um hier zumindest eine etwas bessere Anpassung zu bieten.
Creative kann das aber deutlich präziser: Der Trick von SXFI besteht nämlich darin, dass Ihr eine individuelle HRTF für genau Eure Anatomie erstellen könnt. Dazu scannt Ihr Euren Kopf und Euer Ohr ein, und die Smartphone-App von Creative errechnet anhand der Bilder Eure persönliche Head-Related Transfer Function. Diese HRTF könnt Ihr nun mit einer Reihe von Creative-Devices und daran angeschlossenen Kopfhörern nutzen.
SXFI-kompatible Hardware – und der Test
Creative bietet zum jetzigen Zeitpunkt vier Produkte an, die mit SXFI kompatibel sind. NextPit hatte die Gelegenheit, SXFI mit zwei verschiedenen Soundbars zu testen – in Verbindung mit den Creative-Kopfhörern SXFI Theatre. Darüber hinaus unterstützen auch die beiden USB-DACs Sound Blaster X4 und Sound Blaster GC7 die SXFI-Technologie – und der Kopfhörerverstärker Creative XFI AMP für Android-Smartphones. Weitere Produkte mit SXFI-Kompatibilität sollen demnächst folgen.
In unserem ersten Test haben wir die Creative SXFI Carrier ausprobiert. Die große Dolby-Atmos-Soundbar macht mit dem dicken Subwoofer ordentlich Lärm – und entsprechend freuen sich die Nachbarn, wenn die Nutzer zu späterer Stunde auf Kopfhörer wechseln. Um SXFI zu nutzen, könnt Ihr beispielsweise einen Standard-Bluetooth-Kopfhörer mit der Soundbar koppeln. Unsere Testkopfhörer Creative SXFI Theatre kommen mit eigenem USB-Dongle, über den Soundbar und Kopfhörer eine eigene, besonders latenzfreie 2,4-GHz-Verbindung aufbauen.
Im direkten Vergleich zwischen Soundbar und Kopfhörern fehlt natürlich der Wumms in den Eingeweiden. Aber der Klang ist mit aktiviertem SXFI wesentlich offener als ohne SXFI. Bei Filmen entsteht tatsächlich ein weiter Eindruck, den wir von Kopfhörern so nicht gewohnt sind – und es ist auch noch einmal etwas anderes als diverse Equalizer und Soundprozessoren, die einfach Hall-Effekte auf den Klang draufrechnen.
Am deutlichsten ist der Unterschied beim Abschalten von SXFI – der Sound wirkt dann geradezu bedrückend steril.
Als nächstes war die Sound Blaster Katana V2 an der Reihe. Die Soundbar bringt ebenfalls einen Subwoofer mit, zielt mit dem kleineren Format und der RGB-Beleuchtung aber eindeutig auf Gamer. Entsprechend gibt es hier auch einen "SXFI Battle Mode", der eine Lokalisierung der Feinde im Spiel optimieren soll.
Beim Gaming ist der Unterschied zwischen "SXFI aus" und "SXFI an" ebenso dramatisch zu spüren – und wie bei der Carrier ist der Unterschied insbesondere beim Abschalten am krassesten. Es wirkt wirklich, als habe man auf einmal Sand in den Ohren, und das gerade noch lebendige Fußballstadion klingt wie aus Karton.
Der Unterschied zwischen dem "normalen" SXFI und dem Battle-Modus ist hingegen deutlich subtiler. Gefühlt ist der "SXFI Battle Mode" einen Tick weniger bombastisch und erlaubt dadurch beispielsweise in Shootern einen besseren Fokus auf das Spielgeschehen.
Die grundsätzliche Technologie gibt es übrigens nicht nur bei Creative. Inzwischen ist auch Apple auf den Zug aufgesprungen und hat diesen Herbst ebenfalls einen Modus namens "Personalisiertes 3D-Audio" vorgestellt. Hier scannt Ihr ebenfalls mit dem iPhone Euren Kopf inklusive Ohren ein, um eine maßgeschneiderte HRTF für kompatible AirPods zu generieren.
Unterm Strich macht die Technologie Lust auf mehr. Beim Thema "Sound" haben wir noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht – und ich bin mir sicher, von personalisierten HRTFs und Computational Audio werden wir in den nächsten Monaten und Jahren noch öfters hören und lesen.
Dieser Artikel ist Teil einer Kooperation zwischen Creative und NextPit. Dieser Zusammenarbeit hat keinen Einfluss auf die redaktionelle Meinung von NextPit.
Findet ihr diese Überschrift lustig?
Es ist eine ironische Überschrift in Anspielung auf die üblichen, ziemlich platten Klickbait-Headlines und darauf, dass Creative mit SXFI eben Lautsprecher angeht. Aber natürlich kann ein Lautsprecher selbst nichts hassen. tl;dr: ja ;-)
Findest Du die Headline denn nicht in Ordnung?
Wie ist denn der Klang im Vergleich zu 360 Real Audio bei Sony ?
Auch hier gibt's für bestimmte Sony Kopfhörer eine App mit der man vorher seine Ohrmuschel abfotografiert zwecks Optimierung.
Hallo Thomas,
sehr gute Frage – ich hab das personalisierte Audio von Sony leider noch nie ausprobiert. Im Rahmen des nächsten Kopfhörertests mit Sony werden wir das auf jeden Fall mittesten.
Liebe Grüße
Stefan