Orosound Tilde Pro im Test: Das Fairphone unter den Bluetooth-Kopfhörern
Die Tilde Pro sind Bluetooth-Kopfhörer mit ANC, die eine große Besonderheit haben! Sie sind modular und lassen sich so in Over-Ear-Kopfhörer oder in ein Headset verwandeln. Im Test für NextPit finde ich für Euch heraus, ob das modulare Design im Alltag tatsächlich von Vorteil ist und ob sich der Kauf zum Preis von knapp 400 Euro lohnt.
Pro
- Gut durchdachtes, modulares Design
- Qualität des abnehmbaren Mikrofons
- Guter Klang mit präzisen Bässen
- Sehr wirksames ANC
- Solide Akkulaufzeit
- Multi-Pairing
Contra
- Begleit-App nur für Windows
- Kein HD-Audio-Codec
- Kein anpassbarer Equalizer
- Preis zu hoch und Stückzahl zu begrenzt
Kurzfazit zu den Orosound Tilde Pro
Ich kannte die Marke Orosound überhaupt nicht, bis ich eine Pressemitteilung für die Tilde Pro bekam. Die französische Marke kam 2015 auf den Markt und hat sich gutes ANC auf die leise wehende Fahne geschrieben. Die eigene, patentierte und adaptive ANC-Technologie ermöglicht es Euch, im Alltag abzutauschen und in lauten Umgebungen ein wenig Ruhe zu finden.
Die andere große Stärke dieses Kopfhörers ist seine Modularität. Ähnlich wie das Fairphone 4, das Ben neulich getestet hat, könnt Ihr die Tilde Pro auseinanderbasteln. Einzelteile sind so bei Defekten oder Verschleiß einfacher auszutauschen, Ihr könnt aber auch im Alltag ein Mikrofon dranschrauben und jederzeit zwischen On-Ear- und Over-Ear-Ohrmuscheln wechseln.
Die Produktpalette umfasst 4 Modelle: Tilde Pro S und S+ sowie Tilde Pro C und C+. Das "S" steht für "Supra" und beschreibt das Modell mit On-Ear-Ohrmuscheln. Das "C" hingegen steht für "Circum" und beschreibt folgerichtig das Over-Ear-Modell. Das "+" zeigt wiederum an, dass das abnehmbare Mikrofon im Lieferumfang enthalten ist. Mit einem Preis von 400 Euro für die Version "Tilde Pro C+" bietet der Kopfhörer einen guten Kompromiss zwischen professioneller und privater Nutzung. Dabei platziert sich der Neueinsteiger neben Sony und Bose an der Spitze der aktiven Geräuschunterdrückung.
Design: Seriöser, aber flexibler Look
Die Orosound Tilde Pro sind in erster Linie ein professionelles Headset. Aber das schlanke und elegante Aussehen sowie das abnehmbare Mikrofon machen den Übergang zu einer entspannten Nutzung im Alltag leicht.
Hat mir gefallen:
- Abnehmbare Hörmuscheln und Mikrofon
- Günstige Preis der Ersatzteile
- Solide und leicht zu handhabende Verschlüsse
- Saubere und übersichtliche Verarbeitung
- IPX4 zertifiziert
Hat mir nicht gefallen:
- wenig intuitive ANC-Taste
Was mich direkt an den Kopfhörern gereizt hat: Die Modularität. Die von mir getesteten Tilde Pro C+ Kopfhörer sind mit einem abnehmbaren Mikrofon und austauschbaren Ohrpolstern ausgestattet. Diese Teile können alle separat erworben werden.
Ja, man kann zusätzliche Ohrpolster für Eure AirPods Max oder die Bose QC 35 II (oder QC 45) kaufen, aber nur Orosound ermöglicht es Euch dabei, die Art der Ohrmuschel auszutauschen.
Wenn Ihr Euch ein Headset wünscht, das luftiger ist und mehr Umgebungsgeräusche durchlässt, könnt Ihr Euch also für die Supra-Konfiguration entscheiden. Und wenn Ihr mehr passive Geräuschisolierung wollt, nehmt Ihr die Over-Ear-Variante. Ihr müsst nur jeweils das Ohrstück abschrauben. Zwar ist der Vorgang sehr einfach, ich hatte dennoch beim ersten Mal ein bisschen Angst, was kaputtzumachen.
Einmal gewechselt sitzen die Ohrstücke sehr gut und das Design des Tilde Pro ist insgesamt sehr solide. Das Mikrofon lässt sich über eine starke Magnetbefestigung, dessen Winkel Ihr einstellen könnt, sehr einfach anschließen. Bei einem Videogespräch könnt Ihr das Mikrofon schnell anschließen und dabei eine bessere Gesprächsqualität genießen. Wenn Ihr nicht im Büro seid oder einfach nur Musik hören wollt, könnt Ihr das Mikrofon abnehmen.
Optisch wirken die Tilde Pro sehr seriös und die Verarbeitung kombiniert glatte und matte Kunststoffe mit einem leicht rauen Netzgewebe. Die Ohrpolster sind aus Leder (oder Kunstleder?), so wie bei vielen anderen Herstellern. Optisch erinnert mich das Headset eher an ein deutsches als an ein französisches Produkt, abgesehen von dem sehr dezenten blau-weiß-roten Element auf der rechten Hörmuschel.
ANC und Features
Die Orosound Tilde Pro verfügen über eine adaptive Geräuschunterdrückung und einen Transparenzmodus namens Aware+. Allerdings gibt es keine begleitende App fürs Handy.
Hat mir gefallen:
- Sehr effektive, aktive Geräuschunterdrückung
- Modus, um sich selbst sprechen zu hören
- Bluetooth 5.0 mit Multi-Pairing
Hat mir nicht gefallen:
- Die Einstellungen und Aktualisierungen sind nur über eine Windows-Anwendung möglich
Das ist die Spezialität von Orosound: Aktive Geräuschunterdrückung. Das ANC von Orosound ist nicht nur in der Intensität einstellbar. Wie wenig andere Modelle sind diese Kopfhörer in der Lage, bestimmte Geräusche durchzulassen, während andere Geräusche gedämmt bleiben. Diese patentierte Technologie heißt Tilde Voice First und ermöglicht es Euch, sich von der Welt zu isolieren, ohne völlig abgeschnitten zu sein. Das Headset kann zum Beispiel Bürogeräusche dämpfen, ohne die Stimme eines Kollegen bei einem Gespräch zu übertönen.
Auf dem Papier ist Orosounds ANC in der Lage, Umgebungsgeräusche um bis zu 30 Dezibel zu reduzieren. Damit spielt der Tilde Pro Kopfhörer in der gleichen Liga wie die Top-Modelle von Sony oder Bose.
Persönlich fand ich das ANC sehr effektiv. Mit voll aufgedrehter Unterdrückung und einer Musiklautstärke von 70 % konnte ich kaum hören, wie meine Finger ein paar Zentimeter von meinen Ohren entfernt schnippsten. Im Büro habe ich die Tilde Pro hauptsächlich als Noise-Cancelling-Kopfhörer verwendet. Ich konnte die Stimmen meiner Kollegen immer noch hören, aber sie waren nicht zu aufdringlich. Eher wie Hintergrundgeräusche, die man zwar manchmal wahrnimmt, die aber nicht stören.
Tasten
Kopfhörer | Schaltflächen/Steuerelemente |
---|---|
Rechte Hörmuschel |
|
Linke Hörmuschel |
|
Es gibt auch einen Aware+-Modus, mit dem Ihr Außengeräusche verstärken, beziehungsweise "durchlassen" könnt. Ein klassischer Transparenzmodus also. Orosound behauptet, dass der Algorithmus erkennt, wann Ihr die Ohrstücke wechselt, um die Entzerrung und ANC anzupassen. Ich persönlich habe jedoch immer das ohrumschließende Format wegen der besseren passiven Geräuschisolierung bevorzugt.
Beachtet allerdings, dass Ihr die EQ-Einstellungen nicht selbst vornehmen könnt. Dazu bieten die Kopfhörer keine Begleit-App für Euer Smartphone. Zurzeit ist nur eine Windows-Anwendung verfügbar, die nur begrenzte Einstellungen für den nicht-professionellen Gebrauch bietet.
Zu guter Letzt bieten die Tilde Pro eine Sidetone-Funktion, mit der Ihr Eure eigene Stimme hören könnt, wenn ihr den Kopfhörer mit ANC nutzt. Das Headset bietet auch Multi-Pairing per Bluetooth für die gleichzeitige Verbindung mit 2 Geräten. Das ist sehr praktisch, sollte in dieser Preisklasse aber auf jeden Fall mit dabei sein.
Auf der anderen Seite bedauere ich das Fehlen eines Tragesensors, der die Musik beim Abnehmen automatisch stoppt. Orosound bietet jedoch eine automatische Ruhefunktion (die in der Windows-Anwendung eingestellt werden kann).
Audio und Mikrofon: Keine Hintergrundgeräusche mehr
Die Tilde Pro von Orosound richten sich nicht an ein audiophiles Publikum. Die Kopfhörer sind eher für Video-Calls als für das Hören von Musik gedacht. Das hindert Euch aber nicht daran, einen soliden Klang beim Tragen der Orosounds zu genießen.
Hat mir gefallen:
- Originalgetreue Audiosignatur
- Präziser Bass
- Qualität des abnehmbaren Mikrofons
Hat mir nicht gefallen:
- Mäßige Standard-Mikrofonqualität
Der Orosound Tilde Pro ist mit 40-mm-Treibern ausgestattet, deren Verzerrung im gesamten Spektrum bei nur 0,2 % liegen soll. Auf dem Papier sollte der Kopfhörer also eine ziemlich originalgetreue Klangsignatur bieten. Allerdings ist der Kopfhörer insgesamt eher weniger dynamisch, da er einen Frequenzbereich zwischen 10 und 20.000 Hz wiedergeben kann.
Der Mitteltonbereich wird sehr gut wiedergegeben, was für einen Kopfhörer, der die Qualität von Stimmen begünstigen soll, gut passt. Der Bass ist tief und übermannt die restlichen Tonhöhen nicht wie bei anderen Modellen. Der Klang ist recht neutral, was sich in einer guten Räumlichkeit niederschlägt. Dem Klang fehlt es ein wenig an Brillanz, was bedeutet, dass die Höhen ein wenig hinter dem Rest zurückbleiben.
Das abnehmbare Mikrofon macht wirklich einen Unterschied in der Sprachqualität. Im standardmäßigen Freisprechmodus und somit ohne das Bügelmikrofon ist die Gesprächsqualität für ein kabelloses Headset dieser Preisklasse durchschnittlich. Mit anderen Worten: Nix Besonderes.
Aber sobald man in den Headset+Mikrofon-Modus wechselt, ist der Unterschied unmittelbar spürbar. Man hört einen deutlichen Qualitätsgewinn, das Rauschen ist deutlich reduziert und die Stimme wird sehr gut isoliert. Ich habe sogar ein YouTube-Video mit "Bürogeräuschen" bei voller Lautstärke abgespielt und meine Stimme wechselte von unhörbar zu verständlich, sobald ich das externe Mikrofon angeschlossen hatte.
Die Kopfhörer brauchen etwa eine Sekunde, um den Mikrofonwechsel zu verstehen. Der Übergang ist schnell und intuitiv. Orosound hat diese Technologie unter dem Namen Voice First patentiert. Und ich kann bestätigen, dass der Algorithmus in Verbindung mit den drei Mikrofonen, die im externen Mikro eingebaut sind, sehr gut funktioniert. Aber nehmt mich nicht nur beim Wort, sondern hört einfach zu:
Akkulaufzeit: Keine Angst vor Überstunden
Mit seinem 700-mAh-Akku sollen die Tilde Pro laut Orosound 28 Stunden lang durchhalten. Die Kopfhörer werden über USB-C in 2 Stunden von 0 auf 100 % aufgeladen. Der Hersteller garantiert dabei 50 % Akku nach nur 30 Minuten Ladezeit.
In der Praxis konnte ich die Kopfhörer zwei volle Tage lang benutzen, bevor ich sie wieder einstecken musste. Damit meine ich eine längere und kontinuierliche Nutzung aus Anrufen, Musik und Videos während der Arbeit, also etwa 9 Stunden. Und das alles, während das ANC die ganze Zeit eingeschaltet war. Aber nur aus dem Grund, da ich von zu Hause gearbeitet habe.
Aktuell fahre ich mindestens einmal die Woche ins Büro. Die Nutzung ist dabei ein wenig anders, da ich die Tilde Pro hauptsächlich als Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung benutze, ohne Musik und nur mit aktiviertem ANC.
In diesem Szenario bin ich überzeugt, dass ich 3 Tage ohne Probleme durchhalten kann. Sony schneidet zum Beispiel mit seinem WH-1000XM4 etwas besser ab, aber Bose bietet mit seinem NHC 700 mehr oder weniger die gleiche Leistung.
Wer ist Orosound?
Orosound ist ein französischer Hersteller, der 2015 in Paris gegründet wurde und sich auf professionelle Audioprodukte für Unternehmen spezialisiert hat, obwohl ein Teil seines Katalogs, wie der von mir getestete Kopfhörer, auch für die Allgemeinheit erhältlich ist.
Das Unternehmen ist stolz darauf, alle seine Produkte in Frankreich zu entwickeln und vor allem seit 2018 den Großteil seiner Produktion nach Frankreich zu verlagern. Orosound wurde von Eric Benhaim und Pierre Guiu gegründet, die beide in der Welt der Tontechnik sehr bekannt sind. Es ist daher nur logisch, dass die Marke Forschung und Entwicklung, Leistung und technologische Innovation in den Mittelpunkt stellt.
Das Unternehmen sieht in der Möglichkeit, wichtige Verschleißteile zu ersetzen, einen nachhaltigen, kostengünstigen Ansatz. Orosound gewährt auf seine abnehmbaren Komponenten eine Garantie von 3 Jahren.
Fazit
Ursprünglich hatte ich vor, diesen Bericht ein wenig unterhaltsamer zu gestalten und mich auf den "WTF-Faktor" der modularen Kopfhörer zu konzentrieren. Aber letztendlich hat mich das Produkt von Orosound wirklich sehr überzeugt.
Der Klang ist für diese Preisklasse gut, die aktive Geräuschunterdrückung ist sehr effektiv und das Design schick. Und was soll ich über das abnehmbare Mikrofon sagen, das eine Gesprächsqualität ermöglicht, die derzeit von keinem anderen Bluetooth-Headset für Verbraucher erreicht wird. Es handelt sich eindeutig um ein Premium-Headset, das sich auf den ersten Blick nicht an die breite Öffentlichkeit richtet. Trotzdem kann ich die Orosound Tilde Pro auch für Privatanwender empfehlen.
Die große Stärke des Orosound Tilde Pro Kopfhörers ist meiner Meinung nach die Vielseitigkeit. Ich verwende sie zusammen mit dem Mikrofon bei der Arbeit für Videogespräche. Ohne das Mikrofon kann ich dann zu Hause meine Filme und Fernsehsendungen ansehen oder unterwegs meine Musik hören. Das Mikrofon wieder angeschlossen, kann ich meine Gegner in einem Multiplayer-Videospiel beleidigen. Allerdings ist der Preis von 400 Euro für die Version mit den 2 Arten von Ohrstöpseln und dem mitgelieferten Mikrofon ziemlich hoch. Die Stückzahl ist zudem begrenzt.
Der Test ist ja ganz gut geschrieben, aber um sich ein Fairphone zu kaufen, muss man schon einen enormen Öko Lifestyle pflegen. Sobald man auch nur ansatzweise auf Technik und Design steht, ist man bei dem dicken Brocken verloren. Und vom Preis/Leistungsverhältnis fange ich erst gar nicht an. Sorry, aber eigentlich darf man das Smartphone niemanden guten Gewissens empfehlen.
Witzigerweise dachte ich bei dem Titel bzw. im Bezug zum Fairphone sofort: "Oh mein Gott, die Kopfhörer müssen echt mies sein" 😅
Ah, hast du schlechte Erfahrung mit dem Fairphone gemacht oder wie kam das? :)
Ich kenne genug, die es schnellstmöglichst wieder loswerden wollten. Lifestyle Produkt, das keinen Spaß macht.
Das Fairphone 4 habe ich erst neulich für NextPit getestet und war insgesamt ganz positiv überrascht. Die vorigen Modelle waren hardware-technisch schon immer arg beschnitten und das neuste schlug sich im Alltag ganz gut!
Hier mein Test! =)
https://www.nextpit.de/fairphone-4-test